Ulrich Eisenhardt wertet die Quellen zur Rechtsprechung der obersten Gerichte im Alten Reich zu den Gerichtsprivilegien aus und gelangt dabei zu dem Ergebnis, dass die Gerichtsverfassung des Reiches seit dem Mittelalter von den Gerichtsprivilegien, die der König bzw. Kaiser verlieh, geprägt war, ohne dass es eine nennenswerte Gesetzgebung gegeben hätte. Mit Hilfe der Gerichtsprivilegien versuchte man, Gerichtszuständigkeiten für die Rechtsuchenden in Regeln zu fassen, die den Zugang zu den erstinstanzlichen Gerichten und später auch die Appellationsmöglichkeiten bestimmten. Auch die Abgrenzung zwischen weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit spielte dabei eine bedeutende Rolle. Erst in einem sich in der neueren Zeit verstärkenden Prozess verdrängten Gesetze die Privilegien, nachdem lange Zeit ein Nebeneinander von gesetzlichen Bestimmungen und Privilegien als Rechtsquellen bei gleichem Regelungsinhalt geherrscht hatte. Nicht zu unterschätzen ist der Beitrag, den die Gerichtsprivilegien zur Territorialisierung des Gerichtswesens und damit zur Ausbildung föderalistischer Strukturen geleistet haben.
Vorwort
Ziel der Untersuchung
Zu den verwandten Quellen
A Gerichtsprivilegien und Gerichtsverfassung im Mittelalter
§ 1 Die Gerichtsverfassung im mittelalterlichen Reich
I. Gerichtsprivilegien als Rechtsquelle
II. Der König als oberster Gerichtsherr im Reich
III. Die Gerichtsverfassung des Reiches
1. Überblick
2. Die königliche Gerichtsbarkeit – Vom königlichen Hofgericht zum Reichshofgericht
3. Die königlichen Hof- und Landgerichte und die Gerichtsprivilegien
4. Das königliche Kammergericht
IV. Die Gerichtsverfassung in den Landesherrschaften
1. Die weltlichen Gerichte
2. Die geistlichen Gerichte
V. Die Gerichte in den Städten
§ 2 Die Entwicklung der Gerichtsprivilegien im Mittelalter
I. Überblick
II. Die Erteilung und Bestätigung von Privilegien
III. Das privilegium fori
1. Begriff und Bedeutung
2. Die Entwicklung des privilegium fori
3. Die geistlichen Gerichte und ihre Zuständigkeit
IV. Das privilegium de non evocando
1. Das ius evocandi
2. Der Begriff des privilegium de non evocando
3. Privilegia de non evocando und Gerichtsstandsprivilegien
4. Ab wann gab es privilegia de non evocando?
5. Zum Fortbestand der privilegia de non evocando nach 1495
6. Der Bedeutungswandel der Evokationsprivilegien
V. Die Exemtionsprivilegien
1. Begriff
2. Ungewissheiten bei der Einordnung der Privilegien
3. Abgrenzung von den Gerichtsstandsprivilegien
VI. Gerichtsstandsprivilegien
1. Begriff
2. Die Gerichtsstandsprivilegien in der Goldenen Bulle
3. Die verschiedenen Arten von Gerichtsstandsprivilegien
4. Abgrenzung von anderen Privilegien, Kombinationen
VII. Das privilegium de non appellando
1. Überblick
2. Das Rechtsmittel der Appellation
3. Die Bestimmungen der Goldenen Bulle (1356)
4. Beschränkte und unbeschränkte Appellationsfreiheit
5. Streitgegenstände, welche die Appellation ausschlossen
6. Die Befolgung der Appellationsprivilegien
7. Die ersten privilegia de non appellando
8. Appellationsbehinderungen als Konkurrenz zu den privilegia de non appellando
9. Die Insinuation von Appellationsprivilegien
10. Die Folgen einer verstärkten Erteilung von privilegia de non appellando
VIII. Andere Gerichtsprivilegien
1. Überblick
2. Die privilegia electionis fori
3. Austrägalprivilegien
4. Privilegia de non arrestando
5. Privilegium primae instantiae?
6. Das Immunitätsprivileg
IX. Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung
1. Rechtsverweigerungsklauseln in Gerichtsprivilegien
2. Ursprung und Charakter der Rechtsverweigerungsklauseln
§ 3 Die Rechtsprechung des königlichen Hofgerichts
I. Die Tätigkeit des königlichen Hofgerichts
1. Die Entwicklung der königlichen Gerichtsbarkeit
2. Der Rechtszug an den König
3. Die Vidimierung von Urkunden durch das Hofgericht
4. Zusammenfassung
II. Die untersuchten Quellen
III. Streitigkeiten betreffend die Gerichtsprivilegien vor dem königlichen Hofgericht
1. Einleitung
2. Jurisdiktionsstreitigkeiten über die Abgrenzung zwischen geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit
3. Die Gerichtsstandsprivilegien
IV. Resümee zur Rechtsprechung des königlichen Hofgerichts
§ 4 Die Rechtsprechung des königlichen Kammergerichts
I. Überblick
II. Die Quellen
III. Zahl und Gegenstand der Verfahren
IV. Jurisdiktionsstreitigkeiten betreffend die geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit
1. Überblick
2. Ladungen und Klagen in weltlichen Angelegenheiten vor einem geistlichen Gericht
3. Verfahren in weltlichen Sachen vor geistlichen Gerichten, in denen der Papst bzw. die Kurie involviert waren
4. Unterstützung der geistlichen Gerichtsbarkeit durch den Kaiser/König
5. Anweisungen an geistliche und weltliche Gerichte
6. Zusammenfassung
V. Streitigkeiten betreffend die Gerichtsstandsprivilegien vor dem Kammergericht
1. Überblick
2. Abgrenzung zu Evokation und Exemtion
3. Bezugnahmen auf Gerichtsstandsprivilegien einschließlich die Goldene Bulle
4. Die Entscheidungen des Kammergerichts
5. Verletzungsverfahren, die das Hofgericht zu Rottweil und die Landgerichte in Süddeutschland betrafen
6. Kammergericht und Westfälische Gerichte
7. Zusammenfassung
VI. Die Erteilung und Bestätigung von Gerichtsstandsprivilegien
VII. Der Widerruf von Gerichtsprivilegien
VIII. Appellationen
1. Überblick
2. Der Rechtszug von der territorialen Gerichtsbarkeit an das Kammergericht
3. Appellationen von Landgerichten, dem
Hofgericht zu Rottweil und den Westfälischen Gerichten
4. Abforderung und Appellation
5. Die Zulässigkeit von Appellationen
6. Zusammenfassung
IX. Resümee zur Rechtsprechung des Kammergerichts
B Gerichtsprivilegien und Rechtsprechung in der Neuzeit
§ 1 Die Gerichtsprivilegien nach 1500
I. Die Reichsgerichtsbarkeit
II. Die Gerichtsverfassung in den Territorien und Städten
III. Erteilung, Bestätigung und Insinuation von Gerichtsprivilegien
IV. Die Gerichtsprivilegien als Streitgegenstand in der Neuzeit
1. Überblick
2. Privilegia de non evocando, Exemtions- und Gerichtsstandsprivilegien
3. Die privilegia de non appellando
4. Das privilegium fori
§ 2 Die Rechtsprechung des Reichskammergerichts
I. Überblick
II. Die untersuchten Quellen
1. Vorbemerkung
2. Die Findbücher zu den Reichskammergerichtsakten
3. Die Datenbank Höchstgerichtsbarkeit
III. Die privilegia de non evocando
IV. Die Gerichtsstandsprivilegien
1. Überblick
2. Die unmittelbare Bezugnahme auf die Befreiung von fremder Gerichtsbarkeit
3. Die Bezugnahme auf die Goldene Bulle
4. Verweis auf Privilegien, welche die Kompetenz zentraler königlicher Gerichte einschließlich der Hof- und Landgerichte und der Westfälischen Gerichte einschränkten
5. Der Verweis auf die Befreiung von geistlicher Gerichtsbarkeit
V. Die Exemtionsprivilegien
1. Die „echten“ Exemtionsprivilegien
2. Die Abgrenzung zu den Gerichtsstandsprivilegien
3. Resümee
VI. Die privilegia de non appellando
1. Überblick
2. Die Appellationssumme
3. Spezialmaterien
4. Die Bezugnahme auf reichsgesetzliche Vorschriften
5. Die Wirkungen der Appellationsprivilegien
6. Verstöße gegen die privilegia de non appellando
VII. Die privilegia fori – Streitigkeiten über die
Abgrenzung von geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit
1. Überblick
2. Statistisches
3. Das Berufen auf das privilegium fori
4. Das Berufen auf reichsgesetzliche Vorschriften
5. Die sachliche Zuständigkeit der geistlichen Gerichte
6. Streitigkeiten um die Zulässigkeit des Rechtsweges an den Apostolischen Nuntius und an die Sacra Rota Romana
7. Zusammenfassung
VIII. Andere Privilegien
1. Überblick
2. Die Austrägalprivilegien
3. Die privilegia de non arrestando
IX. Zusammenfassung zur Rechtsprechung des Reichskammergerichts
§ 3 Der Reichshofrat und die Gerichtsprivilegien
I. Der Reichshofrat als kombiniertes Rechtsprechungsund Regierungsorgan
II. Die Erteilung von Gerichtsprivilegien durch den Reichshofrat
1. Überblick
2. Die Erteilung von privilegia fori und electionis fori
III. Die Erteilungspraxis des Reichshofrats
1. Die Prüfung der Anträge und die Erteilung von Auflagen
2. Die Klärung verfassungsrechtlicher Vorfragen
3. Bestrebungen des Reichshofrats, weitere Einschränkungen der kaiserlichen Jurisdiktion zu verhindern
4. Die Anordnung und Förderung von Justizreformen in den Territorialstaaten
IV. Die Rechtsprechung des Reichshofrates
1. Gerichtsprivilegien in Prozessen vor dem Reichshofrat
2. Die Gerichtsstandsprivilegien
3. Jurisdiktionsstreitigkeiten die geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit betreffend
4. Die privilegia de non appellando
5. Andere Gerichtsprivilegien
V. Verfahren, die sich gegen das Reichskammergericht richteten
1. Überblick
2. Die gerügte Verletzung von Gerichtsprivilegien
3. Andere Verfahrensgegenstände
4. Die Qualifizierung dieser Tätigkeit des Reichshofrats
VI. Resümee zur Tätigkeit des Reichshofrats
C Die Wirkungen der Gerichtsprivilegien
§ 1 Gerichtsprivilegien und Gesetz
I. Gerichtsprivilegien und Gesetz im Mittelalter
1. Privileg und Gesetz
2. Das privilegium fori und reichsgesetzliche Bestimmungen
3. Die Privilegienerteilung in der Goldenen Bulle
4. Die Beschränkung des ius evocandi durch reichsgesetzliche Bestimmungen
5. Die Beschränkung der Jurisdiktion der Westfälischen Gerichte (Femegerichte)
6. Der Widerruf von Gerichtsprivilegien
7. Resümee
II. Gerichtsprivilegien und Gesetz in der Neuzeit
1. Einleitung
2. Der Privilegienbegriff in der Neuzeit
3. Reichsgesetzliche Regelungen betreffend privilegia de non evocando und Gerichtsstandsprivilegien
4. Reichsgesetzliche Bestimmungen und Appellationsprivilegien
5. Die Erteilung von privilegia electionis fori durch Reichsgesetze
6. Privilegia fori und Reichsgesetze
7. Das Hofgericht zu Rottweil, die süddeutschen Landgerichte, die Westfälischen Gerichte und reichsgesetzliche Bestimmungen
III. Resümee
§ 2 Gerichtsprivilegien und die Ausgestaltung der
Gerichtsverfassung im Reich
I. Das Zuständigkeitsproblem im Mittelalter
II. Zuverlässige Zuständigkeitsregeln, durch Gerichtsprivilegien, Gesetze und Rechtsprechung in der Neuzeit
III. Zuständigkeit und Gerichtsverfassung gegen Ende des Alten Reiches
§ 3 Die Gerichtsprivilegien und die Ausbildung und Anwendung von eigenständigen Partikularrechten
I. Überblick
II. Städte mit bedeutenden eigenständigen Rechtsentwicklungen ohne Appellationsprivilegien mit besonderen Streitkomplexen
1. Lübeck
2. Frankfurt am Main
3. Zusammenfassung
III. Städte mit bedeutenden eigenständigen Rechtsentwicklungen mit Appellationsprivilegien, die Streitigkeiten über spezielle Materien von der Reichsgerichtsbarkeit ausschlossen
1. Überblick
2. Nürnberg
3. Hamburg
4. Ergebnis
IV. Zusammenfassung
§ 4 Gerichtsprivilegien und der Ausbau der territorialen und städtischen Gewalten
I. Gerichtsgewalt und Landesherrschaft
II. Der Beitrag der Gerichtsprivilegien zur Entstehung der Landesherrschaft
§ 5 Zusammenfassung der Ergebnisse
I. Privilegien und Gerichtsverfassung
1. Gerichtsprivilegien und das Zuständigkeitsproblem
2. Die Entwicklung einzelner Privilegien
II. Privilegien und Gesetze
III. Gerichtsprivilegien und Verfassung
1. Die Ausbildung von Landesherrschaften
2. Bestrebungen, der Schwächung der Reichsjustiz entgegenzuwirken
3. Auseinandersetzungen zwischen weltlicher und kirchlicher Macht
4. Verfahren gegen das Reichskammergericht vor dem Reichshofrat
IV. Zum Einfluss von Gerichtsprivilegien auf die Ausbildung materiellen Rechts und Verfahrensrechts in den Reichsstädten
1. Das materielle Recht
2. Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrecht
V. Kontinuitätslinien in der Rechtsprechung der obersten Reichsgerichte?
VI. Schlussbetrachtung