(Source: UR)
Die Universität Regensburg (Veranstalter: Prof. Dr. Martin Löhnig) lädt ein, Vorträge für die Tagung "Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der Kindschaftsrechtsreform 1998" einzureichen.
Die Kindschaftsrechtsreform 1998 war das Ergebnis eines jahrelangen kontroversen rechts- und gesellschaftspolitischen Diskurses, der auch nach Inkrafttreten des Reformgesetzes nicht vollständig zum Erliegen kam. Untersucht werden sollen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte dieser Reform aus multidisziplinärer und vergleichender Perspektive.
Das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts brachte eine grundlegende Neuregelung dieses Rechtsgebietes und löste endlich das Postulat aus Art. 6 Abs. 5 GG, „unehelichen Kindern […] durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern“ (weitgehend) ein. Das am 1. Juli 1970 in Kraft getretene bundesdeutsche Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder hatte nur einige punktuelle Veränderungen vorgenommen, während im Gegensatz dazu in der DDR schon deutlich früher eine weitreichende Beseitigung der rechtlichen Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern erfolgt war. Flankiert wurde das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts durch zwei weitere Gesetze, das Beistandschaftsgesetz, das ebenfalls zum 1. Juli 1998 in Kraft trat, und das bereits ab 1. April 1998 geltende Erbrechtsgleichstellungsgesetz.
Seither unterscheidet die deutsche Rechtsordnung nichtmehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern, sondern kennt lediglich noch einige Regelungen für Kinder nicht miteinander verheirateter Eltern; der über Jahrhunderte hinweg die Familienordnung prägende Statusunterschied ist damit entfallen. Die Ehe hat im Zuge der Reform ihre das Kindschaftsrecht strukturierende Funktion verloren, es kommt allein auf die gemeinsame Elternschaft an, entscheidendes Kriterium ist das Kindeswohl. Dies gilt insbesondere für die neuen Regeln über die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung und über das Umgangsrecht. Neben der Neuordnung des gesamten elterlichen Sorgerechts hat die Reform auch eine komplette Umstellung des Abstammungsrechts (Abschaffung der Ehelichkeitsanfechtung) und des Kindesnamensrechts gebracht. Hinzukommt die Abschaffung der Beistandschaft für unverheiratete Mütter, die nur mehr als freiwillige Beistandschaft, beschränkt auf die Themen Feststellung der Vaterschaft und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, existiert. Im Bereich des Erbrechts ist ebenfalls eine weitreichende Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder durch Abschaffung des 1969 eingeführten Erbersatzanspruchs erfolgt.
Die Kindschaftsrechtsreform war das Ergebnis eines jahrelangen kontroversen rechts- und gesellschaftspolitischen Diskurses, der auch nach Inkrafttreten des Reformgesetzes nicht vollständig zum Erliegen kam. Untersucht werden sollen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte dieser Reform aus multidisziplinärer und vergleichender Perspektive.
Themenvorschläge (max. 3000 Zeichen) mit kurzem CV werden bis 15. April 2023 an martin.loehnig@ur.de erbeten. Die ausgewählten Themen (Nachricht erfolgt bis 30. April 2023) sollen auf einer Tagung, die im Wintersemester 2023/24 an der Universität Regensburg stattfindet, präsentiert und diskutiert werden; die hiernach überarbeiteten Texte werden in einem Tagungsband publiziert. Reise- und Übernachtungskosten werden erstattet.
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