06 February 2024

CALL FOR PAPERS: Nachwuchstagung Rechtsgeschichte (2. Tagung des jungen Netzwerks Rechtsgeschichte) „Rechtssicherheit im Wandel der Zeit“ (Wien: Universität Wien, 20-22 Juni 2024) [DEADLINE 15 FEBR]

(Source: Austria info)


Rechtssicherheit gilt als eines der Kernziele unserer modernen Rechtsordnung. Egal ob im Verfassungsrecht, wo das Prinzip der Rechtssicherheit etwa in Art. 20 des deutschen Grundgesetzes oder im 5. und 14. Zusatzartikel zur US-amerikanischen Verfassung zum Ausdruck kommt, im Zivilrecht, wo es in den verschiedensten Bereichen vom Sachen- und Schuldrecht über das Familienrecht bis hin zum modernen Wirtschaftsrecht eine Schlüsselrolle spielt oder auf dem Gebiet des Strafrechts - man denke hier nur an das Prinzip nulla poena sine lege oder an das Spannungsverhältnis zwischen Rechtssicherheit und Verjährung – ist sie als Garant für Rechtsstaatlichkeit von immenser Bedeutung. Ähnliches gilt im Völkerrecht, wo Rechtssicherheit für die Aufrechterhaltung einer internationalen Friedensordnung unabkömmlich ist und sie sich in Grundprinzipien wie pacta sunt servanda widerspiegelt. 


Doch was ist überhaupt unter dem Begriff der Rechtssicherheit aus dogmatischer/wissenschaftstheoretischer Sicht zu verstehen, handelt es sich dabei – wie Joseph Raz meint – um ein „politisches Ideal“ oder nach Hans Kelsen um eine „bloße Illusion“? Kann unter dem Begriff der Rechtssicherheit mehr als die „Berechenbarkeit bzw. Vorhersehbarkeit des staatlichen Handelns“ verstanden werden? 


Wie wurde mit dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zu den verschiedenen Zeiten auf den verschiedenen Rechtsgebieten umgegangen? Inwiefern können sich erste Ansätze zur Schaffung von Rechtssicherheit schon im römischen Recht identifizieren lassen, wie etwa durch das Zwölftafelgesetz (451/450. v. Chr) des römischen Stadtstaates – zum Einen bereits durch die öffentliche Zugänglichmachung von Rechtsvorschriften, welche dadurch für die Allgemeinheit kontrollierbar und der Willkür des Rechtsausübenden entzogen wurden, zum Anderen auch durch konkrete Gesetzesbestimmungen, wie etwa jenen des Schutzes des Schuldners vor willkürlichen Übergriffen seines Gläubigers? Welche Rolle spielt in dieser frühen Phase der Rechtsentwicklung die enge Bindung von Rechtsprechung an Ritual? In welchem Maße sorgt die Ablösung der jährlichen Publikation des prätorischen Edikts durch das edictum perpetuum (ca. 130 n. Chr.), welches den Katalog der der Rechtsgemeinschaft zur Verfügung stehenden Klagen fixierte, und die klare und weitgehend unwandelbare Formulierung der einzelnen Klagsformeln für Rechtssicherheit? Inwiefern können wir in den constitutiones der späten Kaiserzeitweitere Schritte zur Rechtssicherheit erblicken – oder gerade nicht? Welche Rolle spielt schlussendlich die große justinianische Kodifikation (ab 530 n. Chr.)? Und inwiefern ist Rechtssicherheit in dieser Epoche bereits ein – explizit artikuliertes oder implizit angestrebtes – Ziel, welches ihren Eingang in das Schrifttum und die juristische Praxis gefunden hat? 

Welche Wandlung erfuhr die Konzeption der Rechtssicherheit im Laufe der Zeit? Wie gingen die verschiedenen politische Regime (NS-Regime, Kommunismus) mit der Rechtssicherheit um? 


Welche Rolle spielten staatliche Einrichtungen wie etwa Verwaltungsbehörden und Gerichte – im kontinentaleuropäischen Raum auch Notare – bei der praktischen Um- und Durchsetzung der Rechtssicherheit? 


Die aufgeworfenen Fragen sollen eine erste Annäherung an das Generalthema der 2. Nachwuchstagung des jungen Netzwerks Rechtsgeschichte, die vom 20. bis 22. Juni 2024 vom Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte und vom Institut für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte an der Universität Wien (Juridicum) ausgerichtet wird, darstellen und sind lediglich als Anregungen zur Themenfindung gedacht, abweichende Beiträge zum Thema Rechtssicherheit sind selbstverständlich ebenso willkommen! 

Wir ermuntern Interessierte ausdrücklich dazu, ihre laufende Forschung anhand des Themas Rechtssicherheit zu reflektieren und laden dazu ein, auf der Tagung einen Beitrag hierzu im Umfang von 20 Minuten zu leisten. Die Tagungssprache wird Deutsch und Englisch sein. 


Bewerbungen für einen Vortrag bestehend aus: 

einem anonymisierten Exposé von max. 500 Wörtern sowie 

➔ einem Lebenslauf (ohne Bild, eine Seite) 

als PDF im Anhang bitten wir bis zum 15. Februar 2024 an nachwuchstagung2024.rechtsgeschichte@univie.ac.at zu schicken. Eine Zusage erfolgt bis 1.März 2024. Im Anschluss an die Tagung ist eine Publikation der Beiträge (nach Möglichkeit mit peer-review) beabsichtigt. 


Da die Tagung insbesondere dem Austausch zwischen Rechtshistoriker:innen dienen soll, laden wir auch sehr herzlich Personen ohne Vortrag zur Teilnahme an der Tagung ein. Details zur Anmeldung werden ab März 2024 auf der Homepage der Tagung https://nachwuchstagung2024RG.univie.ac.at/ zur Verfügung gestellt. 


Aus derzeitiger Sicht hat jeder die Reise- und Nächtigungskosten selbst zu übernehmen. 


Miriam Gassner - Caterina Mitwalsky - Anna Novitskaya - Kamila Staudigl-Ciechowicz 


für das junge Netzwerk Rechtsgeschichte. 

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